Neue Klasse - Neue Rituale
Meiner erste eigene Klasse hat die Grundschule verlassen. Seit September bin ich nur Klassenlehrerin einer sehr aufgeweckten, freundlichen 2. Klasse. Zwar konnte ich in den letzten 2 Jahren viel lernen, meine Lehrerpersönlichkeit entdecken und etwas Routine entwicklen, aber dennoch ist mit einer neuen Klasse alles so ganz anderes.
Mit der neuen Klasse kam für mich auch der Wechsel vom Halbtag – mit Hausaufgaben, viel freier Zeit für die Kinder und nur dem Vormittag in der Schule – in den Ganztag – inklusive Lernzeiten, Mittagessen und Deiwels 10 Stunden im Schulhaus. Die letzten 7 Wochen waren also voll von neuen Erfahrungen, aber auch voll neuer Herausforderungen.
Um den Schultag der Kleinen möglichst gut zu strukturieren sind einige neue Rituale in unser Klassenzimmer gezogen:
7:45 Uhr: Die Kinder spielen auf dem Schulhof und warten auf das erste Klingeln. Erst dann dürfen sie das Schulhaus und ihre Klassenzimmer betreten. Dieses System ist seit diesem Schuljahr neu an unserer Schule und ich liebe es: Das Haus ist morgens noch ruhig und die Kinder können sich im Pausenhof austoben. Aber das bedeutet auch, dass viele erst kurz vor dem 2. Klingeln im Zimmer ankommen und dann geht gleich der Unterricht los… also Platz für ein neues Ritual …
8: 00 Uhr: Die Kinder starten den Tag mit 10 Minuten Morgenarbeit – sie erledigen den Satz des Tages, lesen in ihrem Bankbuch oder rechnen ihren Mathehelden (hier). Es darf auch noch getrunken werden und zur größten Not ist auch Zeit nochmal in das Vesper zu beißen. Die Kinder genießen den langsamen Start finden Tag und auch für mich nimmt unsere Morgenarbeit einigen Stress. Da ich zwei Mal in der Woche Frühaufsicht habe nutze ich die ersten 10 Minuten um mich zu sortieren und für die Vorbereitungen des Morgenkreis. Auch organisatorisches lässt sich leicht mit einigen Kindern in den ersten 10 Minuten klären.
8:10 Uhr: Ich gonge – daraufhin räumen die Kinder auf, alles findet seinen Platz schnell unter dem Tisch und wir begrüßen uns mit unser Morgenspruch:
„Ich wünsch Dir einen guten Tag und dass dich heue jeder mag,
und dass du ausgeschlafen bist und dass dir schmeckt was du heut´ isst.
Und dass der Tag dir bis zur Nacht ganz viel Freunde macht“ (nach Elli Michler)
Daraufhin kommen wir in den Sitzkreis. Hier wird der Tagesablauf und das Datum vom Kind des Tages vorgestellt. Wir sprechen darüber, was uns den Tag über erwarten wird und worauf wir uns eventuell am meisten freuen. Hierbei kommen immer 2- 3 Kinder zu Wort. Danach würfeln wir mit unserem „Guten Morgen Würfel“: Wir spielen entweder ein Deutschspiel. ein Mathespiel (am liebsten werfen wir den Ball von timetex), ein Spiel zur Stärkung der Klassengemeinschaft (timetex), klatschen einen Rhythmus oder singen ein Lied (am liebsten „Pippi Langstrumpf“).
8:30 Uhr: Wir starten, meist noch im Kreis, mit einer Wiederholung oder einer neuen Einführung in den Unterricht.
Uns kostet dieses Morgenritual täglich eine gute halbe Stunde. Diese Zeit nehme ich vom Deutschunterricht (Sprechen, Lesen), Klassen – AG (Klassengemeinschaft stärken) und von der Lernzeit (Satz des Tages, tägliches Üben). Es hilft uns stressfrei und organisiert, aber vor allem auch mit viel Freude in den Schultag zu starten.
Wie den Beginn des Tages beenden wir unseren Schultag auch im Kreis – teilweise jedoch im Stehkreis, weil uns manchmal etwas die Zeit davon rennt (#lehrerrealität).
Bevor die Kinder in den Kreis kommen tragen sie sich ihren Smilie in den Schulplaner. Je nach ihrer Position auf unserem Ruhesystem ist der Smilie blau (Super Schüler), grün (gut gemacht), gelb (bereit zum Lernen), orange (Nachdenken), rot/pink (Elterninformation). Ich liebe dieses System. Die Kinder nehmen mir zum Teil die Dokumentation ihres Verhaltens ab (ich laufe durch und kontrolliere) und die Eltern haben ein direkten Einblick in den
Schultag des Kindes. Es dient uns allen – Eltern, Lehrern, Erziehern – als Grundlage für Lob und neue Zielsetzungen.
Sind die Plätze der Kinder aufgeräumt kommen wir in den Kreis. In der Kreismitte liegen verschiedne Symbole zur Reflexion unseres Tages. Jedes Kind darf seinen Muggelstein auf ein Symbol legen und den Tag für sich Revue passieren lassen. Einige Kinder dürfen sich zu ihrem Stein äußern. Danach gibt die Klassenerzieherin, die immer in der Stunde vor dem Mittagessen bei uns ist, einen Überblick über das Nachmittagsprogramm. Die Kinder bekommen wichtige Hinweise und bereiten sich auf das Essen vor. Nach unserem gemeinsamen Abschlusslied (Hey wir haben die Eisbären gerne) verabschiede ich die Kinder einzeln an der Tür.
An Tagen mit Nachmittagsunterricht verschiebt sich dieses Ritual an das Ende des Schultages.