Wie sieht eigentlich ein ganz normaler Schultag bei uns aus? Bevor ich darauf eingehe muss ich leider sagen, dass es für mein Verständnis zu wenige normale Schultage an meiner Schule gibt. Bei uns wird gerne gefeiert, das heißt, dass aus jedem Anlass ein großes Event gemacht wird. So füllen Theaterprojekte, Projekttage, regelmäßige Grundschulversammlungen, Bücherbustermine, Adventsdekotag und Weihnachtsmarkt, Nikolausfest und vieles mehr das Schuljahr. Jedes der Feste ist immer unglaublich schön und eigentlich möchte man es nicht missen, sie sind aber jedesmal mit viel Stress und Unterrichtsausfall verbunden. Wenn aber dann doch mal alles nach Plan läuft sieht ein Mustertag in meiner Klasse wie folgt aus: 

 

7:35 Uhr: Ich steige in den Bus und mache mich auf den Weg in die Schule. Dabei sind ein ziemlich leerer Rucksack (all meine Sachen lasse ich in der Schule), mein Shake (ich kann morgens noch nichts essen, brauche aber irgendeine Form der Energie, ein Proteinshake mit Früchten bringt mich durch den Vormittag) und meine Musik (damit ich im Bus mit niemandem Sprechen muss, bin nämlich gar kein Morgenmensch). 

 

7:40 Uhr: Aussteigen und Wach sein – denn sobald die Kinder einen sehen beginnt der Arbeitstag. Meine Schüler dürfen bereits vor dem Klingeln ins Klassenzimmer, eine Zeit die wir sehr geniessen. Sie haben Zeit anzukommen, spielen und quatschen. Sie können zu mir kommen und mir Geschichten erzählen, Fragen stellen oder sich noch kurz organisieren und ihre Dienste erledigen (Tafeldienst, Kalender, Stundenplan …). Auch für mich ist es eine Zeit des Ankommens. 

 

8:00 Uhr: Nach dem zweiten Klingeln begrüßen wir uns mit einem englischen Reim. Da Englisch einen festen Bestandteil meines Unterrichts ist findet viel Organisation in der Zielsprache statt. Die Reime wechseln in unregelmäßigen Abständen und die Ideen habe ich meist von Pinterest (Ideen gibt es hier) . Um den englischen Wortschatz zu sichern gibt es danach immer ein kleines Wortschatzspiel – mal werfen wir uns den Ball zu und stellen uns Fragen, spielen ein Lesespiel oder interviewen uns gegenseitig. Die ersten paar Minuten in der Klasse brauchen wir, Lehrerin und Kinder, immer um richtig wach zu werden, daher genießen wir das kleine Spiel und die Kommunikation. 

 

8:05 Uhr: Wir sprechen gemeinsam über den bevorstehenden Tag und klären gegebenenfalls kurz Organisatorisches. Die Abgabe von Infozetteln findet jedoch selbständig und in den Pausen statt. Hierzu hängt an der Tafel ein Magnet, an dem die Kinder ihre Zettel befestigen können. Das spart uns viel Zeit.  

8:10 Uhr: Montags muss natürlich noch vom Wochenende erzählt werden. Wie ihr vielleicht wisst finde ich Erzählkreise oft sehr anstrengend. Daher erzählen sich meine Kinder mit Hilfe der Wochenendeplauderkarten (hier) am Gruppentisch von ihrem Wochenende. Abwechselnd setzte ich mich zu einem Tisch dazu.  

8:15 Uhr: Nach dem die Kinder ihren Satz der Woche (hier) bearbeitet haben beginnen wir mit dem Mathe – und Deutschunterricht. Wir starten den Tag meistens mit einer Einführung oder einer kurzen Wiederholung des aktuellen Themas. Hierzu kommen die Kinder immer in den Kinositz vor die Tafel. Gemeinsam besprechen wir zum Beispiel die schriftliche Division oder ein Rechtschreibphänomen. 

 

Wenn ein Kind das Gefühl hat das Thema verstanden zu haben darf es den Kreis verlassen. Wann das Verlassen des Kreises geeignet ist signalisiere ich mit Differenzierungskarten (hier).So starten wir zwar gemeinsam mit der Wiederholung, doch entscheiden die Kinder selbst wann sie genug Input bekommen haben. Einige Kinder verlassen bereits nach wenigen Minuten den Kreis, holen ihren Wochenplan und suchen sich einen ruhigen Lernplatz. Andere bleiben bis zum Schluss, manchmal sogar die ganze Stunde bei mir und wir üben gemeinsam. 

Damit das gut klappt ist es natürlich zum Einen super wichtig, dass alle Kinder wissen, was ihre Aufgabe ist. Zum Anderen können sie mir in dieser Arbeitsphase keine Fragen stellen, sie sind also auf gegenseitige Hilfe angewiesen. Dazu nutze ich die Helferschilder (hier) von der wundervollen Materialwiese. Nach einer Einführung arbeiten die Kinder meistens um die 45 Minuten selbständig an ihrem Wochenplan. Diese Arbeit kann ganz unterschiedlich aussehen. Mal gebe ich vor in welchem Fach gearbeitet werden soll, mal dürfen die Kinder die Reihenfolge und das Fach frei wählen. Auch Sozialformen, Arbeitsplätze und Aufgabenstellungen variieren. Oft sind die Lerntheken mit motivierenden Aufgaben aufgelockert. Unterschiedliche Aufgabenformate findet ihr unter anderem hier. Mehr Infos zur Arbeit mit dem Wochenplan findet ihr in einem früheren Blogbeitrag (einfach runterscrollen). 

9:30 Uhr: Kinder und Lehrerin freuen sich auf eine Pause, diese verbringe ich immer im Lehrerzimmer, um mich mit meinen Kollegen auszutauschen. 

 

9:50 Uhr: Die Kinder kommen meistens vergnügt aus der Pause zurück und freuen sich aufs Vespern. In diesen 10 – 15 Minuten lese ich den Kindern vor. Derzeit lesen wir – wie ihr sicherlich wisst – Harry Potter. In der dritten Klasse habe ich bewusst klassische Kinderliteratur wie Astrid Lindgren oder Michael Ende zum Vorlesen gewählt. 

 

10:00 Uhr: In der dritten Stunde haben wir nochmal Zeit für eine Stunde Deutsch. Hier machen wir meistens etwas zusammen: Sprechen üben, Gedichte lernen, über Rechtschreibung diskutieren oder in Tandems Vorlesen. 

 

10:35 Uhr: Ab jetzt stehen „nur noch“ Fächer wie Sport, Englisch, Kunst und Sachunterricht auf dem Plan. 

12:25 Uhr: Der Schultag ist zu Ende. Bevor die Kinder nachhause gehen besprechen wir ausgiebig die Hausaufgabe und überprüfen, ob auch alle Materialien es bis in den Schulranzen geschafft haben. Alles was nicht für die Hausi gebraucht wird wandert in die Ablage. Diese kontrolliere ich am Nachmittag. Nachdem das Klassenzimmer aufgeräumt ist und die Stühle hochgestellt werden verabschieden wir uns wieder mit einem englischen Reim. 

An der Klassenzimmer Tür verabschiede ich jedes Kind mit seinem persönlichen Check, wünsche ihm einen schönen Tag und lasse es wissen, dass ich mich bereits auf ein Wiedersehen freue. Dieses kleine Ritual am Schultagesende genießen wir sehr, da es uns nochmal Raum für einen kleinen Austausch bietet. 

An Freitagen beenden wir die Woche mit einer Reflexionsrunde. Im Sitzkreis darf sich jedes Kind kurz zu einem der fünf Aussagen äußern: Mein Highlight, Das habe ich gelernt, Das will ich verbessern, Hierzu war zu wenig Zeit, Das habe ich gut gemacht. Die Karten gibt es hier.

 
 

Da ich eine Halbtagesklasse habe gehen die Kinder zwischen 11:20 Uhr und 13:05 Uhr nachhause. Der Schultag geht oft viel zu schnell vorbei, sodass wir immer wieder das Gefühl haben, nicht genug Zeit gehabt zu haben. Vor allem das Erzählen kommt immer wieder zu kurz. Um dem etwas entgegenzuwirken verbringe ich ab und zu die Pause mit der Klasse im Klassenzimmer – diese Bitte kam von den Kindern selbst. Wir spielen gemeinsam UNO oder Jenga, lachen und erzählen. 

 

Ein Tag in der 4. Klasse